Wie wäre es, wenn man alle Zähne gleichzeitig putzen könnte? So oder so ähnlich lautete die Frage, die Marvin Musialek durch den Kopf ging, als er den ersten Prototyp für die Zehn-Sekunden-Zahnbürste entwickelte. Die Komponenten: ein Vibrationsmotor, ein Mundschutz für Boxer sowie falsche Wimpern als Borstenersatz. Mittlerweile hat Marvin Musialek als Gründer und CEO von Amabrush mit seiner Idee auch internationales Aufsehen erregt.
Im Gespräch schildern 1zu1-Projektleiter Raphael Madlener und Marvin Musialek, wie es zur Zusammenarbeit kam und welche Herausforderungen es zu lösen galt.
Herr Musialek, erklären Sie uns kurz Ihre Erfindung?
Marvin Musialek: Die Amabrush besteht aus zwei Teilen: einem Mund- und einem Handstück. Im Handstück ist ein Motor verbaut und dort setzt man auch die Zahnpasta-Pods ein. Hand- und Mundstück werden dann über einen Magneten gekoppelt. Mit der Amabrush im Mund pumpt man kurz die Zahnpasta ins Mundstück, drückt auf „Start“, wartet 10 Sekunden, und schon sind die Zähne sauber.
Wie ging es nach dem ersten selbstgebauten Prototyp weiter?
Marvin Musialek: Nach dem ersten Versuch mit Mundschutz und Wimpern haben wir die zweite Version des Mundstücks mit einem FDM-3D-Drucker angefertigt. Bei solchen günstigen Geräten wird der Kunststoff punktuell geschmolzen und ist daher relativ spröde. Und auch die Auflösung ist zu niedrig, um die filigranen Strukturen der Borsten darzustellen. Da war klar, dass wir einen professionellen Prototyp brauchen.
Wie kamen Sie auf 1zu1?
Marvin Musialek: Wir haben uns Anfang 2018 im Internet auf die Suche nach einem erfahrenen Partner gemacht. Dabei sind wir auf 1zu1 gestoßen. Die Palette an Fertigungsverfahren und der sehr professionelle Auftritt haben uns beeindruckt und so haben wir die Zusammenarbeit fixiert.
Was war der Part von 1zu1?
Raphael Madlener: Wir haben das Amabrush-Mundstück mittels Selektivem Lasersintern (SLS) gedruckt. Dabei wird schichtweise das Kunststoffpulver geschmolzen. Das Bauteil wird so fester und aufgrund des feinen Laser-Durchmessers von 0,42 Millimeter und der Bauschichtung von 0,1 Millimeter kann auch die Geometrie fein gedruckt werden. Nach diesem Design-Prototyp ging es darum, das Mundstück in einem seriennäheren Verfahren herzustellen, das auch weiche Bauteile liefert. Daher haben wir uns für Vakuumguss entschieden.
Was waren die Herausforderungen?
Raphael Madlener: Durch das Mundstück müssen Kanäle verlaufen, in denen die Zahnpasta zu den Borsten transportiert wird. Es ist beim Vakuumguss nicht einfach, diese Kanäle freizuhalten. Die Lösung war Vierteilen! Das Mundstück haben wir für die Produktion in eine Mundplatte aus zwei identen Hälften und zwei ebenfalls idente Borstenteile getrennt, eins für oben und eins für unten. Die vier Teile mussten nach dem Guss verklebt werden, also haben wir für die Kanäle in der Mundplatte eine Nut-und-Feder-Konstruktion gewählt. Das verhindert das unerwünschte Eindringen von Kleber. Durch die symmetrische Konstruktion waren also lediglich zwei Werkzeuge nötig: eines für die halbe Mundplatte, eines für das Borstenteil.
Was war der nächste Schritt?
Marvin Musialek: Wir haben die Lösung gut gefunden und die neuen Erkenntnisse in die Konstruktion eingearbeitet.
Raphael Madlener: Mit diesen neuen Konstruktionsdaten haben wir zwei Urmodelle gedruckt, die Oberflächen optimiert und daraus die Formen für den Vakuumguss hergestellt. Beim Gießen des Borstenteils ist eine weitere Herausforderung aufgetreten. Als Material war PU-Gummi vorgesehen. Allerdings war nicht sicher, ob der relativ zähflüssige Gummi auch in die letzte Spitze der filigranen Borstengeometrie vordringt. Hier kam uns die langjährige Erfahrung von Herbert Hintner, Leiter unseres Vakuumgusses, zugute. Er hat so lange am Prozess getüftelt, bis auch die kleinste Spitze der Negativform mit Material gefüllt war. Die Borstenteile wurden zu Testzwecken in zwei verschiedenen Shore-A-Härten – 45 und 65 – hergestellt. Im Anschluss haben wir alle Teile verklebt und den beigestellten Magnet integriert.
Marvin Musialek: Für einen Messeauftritt im Februar benötigten wir zwanzig voll funktionsfähige Mundstücke. Nach zwei Wochen, und damit eine Woche schneller als geplant, erhielten wir die Mock-ups von 1zu1.
Gab es außer dem Mundstück noch weitere Komponenten, bei denen 1zu1 die Entwicklung unterstützte?
Marvin Musialek: Wir haben für unser Produkt ein repräsentatives und funktionales Case als Reiseverpackung entworfen. Auch das wurde von 1zu1 im SLS-Verfahren gedruckt.
Raphael Madlener: Das Case besteht aus zwei Schalen, die mit einer Einlage verbunden sind. Die Einlage hat ein Filmscharnier, um das Ganze zuzuklappen. Der Trick besteht darin, das Filmscharnier liegend zu drucken, damit es die nötige Elastizität aufweist und beim Auf- und Zuklappen des Cases nicht bricht. Die Einlage haben wir nach dem Druck in der Wunschfarbe von Amabrush lackiert.
Wie sieht das Resümee der Zusammenarbeit aus?
Raphael Madlener: Die Arbeit für Amabrush war eine sportliche Herausforderung, die wir gerne angenommen haben. Unser breites Repertoire an Möglichkeiten, an Materialien und Fertigungstechniken ist uns dabei sehr zugutegekommen.
Marvin Musialek: Der Austausch mit 1zu1 war professionell und hat uns dem Ziel, das Zähneputzen zu revolutionieren, entscheidend nähergebracht.
Im Gespräch: Marvin Musialek ist Gründer und CEO von Amabrush. Raphael Madlener ist Projektleiter bei 1zu1 in Dornbirn. Das Gespräch führte Werner Sommer, Darko Todorovic fotografierte.