Hannes Hämmerle und Wolfgang Humml haben 1zu1 vor 25 Jahren gegründet und zu einem der führenden 3D-Druck-Unternehmen im deutschsprachigen Raum entwickelt. Im Interview sprechen die beiden Gründer und Geschäftsführer über die am 1. Februar 2022 erfolgte Übernahme durch die Prototal-Gruppe, was sich in den ersten Wochen verändert hat und worauf sich die Kunden in Zukunft freuen dürfen.
Wolfgang Humml: Wir wollten unsere Nachfolge, den langfristigen Fortbestand und die Weiterentwicklung des Unternehmens regeln. In unseren Familien gab es zwar großes Interesse im Management mitzuarbeiten, aber nicht an der Rolle der Geschäftsführung. Ich habe im Vorjahr meinen sechszigsten Geburtstag gefeiert. Hannes ist drei Jahre jünger. Es war also höchste Zeit für eine Weichenstellung.
Hannes Hämmerle: Es ist die perfekte Lösung. Wir profitieren als Teil der Prototal-Gruppe vom großen Netzwerk und vom Know-how. Damit sind wir bestens auf die Herausforderungen der Zukunft eingestellt und können unseren Wachstumskurs fortsetzen. Wolfgang und ich werden das Team von 1zu1 bis zu unserem Ruhestand weiter begleiten. Schon nach den ersten Wochen wissen wir, dass die Entscheidung goldrichtig war. 1zu1 befindet sich in guten Händen.
Wolfgang Humml: In den vergangenen zehn Jahren haben wir eine Handvoll Angebote abgelehnt. Gegen Ende 2020 kam Prototal mit Ihrem Interesse auf uns zu. Der Kontakt kam über einen Lieferanten zustande. Schon bei unserer ersten Analyse erkannten wir, dass Prototal unser Geschäft wirklich versteht. Sie sind im 3D-Druck, Rapid Tooling, Spritz- und Vakuumguss und damit in denselben Segmenten wie wir tätig. Und trotzdem können wir uns ergänzen: Wir schaffen kleinere, präzisere Teile und hochwertigere Oberflächen. Auch im Rapid Tooling decken wir die kleineren Teile ab. Da können wir die Gruppe bereichern und auch in den Märkten der Schwesterunternehmen reüssieren.
Hannes Hämmerle: Durch die Integration in die Prototal-Gruppe erleben wir eine rasante Internationalisierung. Wir bringen unseren Markt ein und gewinnen über unsere Schwesterunternehmen neue Chancen in Schweden, Norwegen, England, Dänemark und Italien. Dort bereichern wir mit exklusiven Angeboten wie FDR das Leistungsspektrum der Prototal-Gruppe. Schon in den ersten Wochen kamen spürbar mehr Aufträge ins Haus.
Wolfgang Humml: Wir sind nun Teil des Technical Advisory Boards (TAB) der Prototal-Gruppe und tauschen uns bei den Meetings über Technologien, Anlagen, Infrastruktur und Software-Themen aus. Dabei bringen sich alle Unternehmen ein, stellen ihre Lösungen für Probleme vor und diskutieren über Innovationen. Beispiele für den „Best Practice Use“ sollen allen weiterhelfen. Wir erhalten so Einblicke hinter sonst verschlossene Türen und können uns gegenseitig bei der Optimierung unterstützen.
Hannes Hämmerle: Im Netzwerk gibt es eben keine Geheimnisse. Das bringt mich zum Reporting. Seit dem 1. Februar liefern wir detaillierte Daten, Zahlen und Fakten nach Schweden – auch rückwirkend. Auch wenn wir dank der richtigen Software-Programme und Partnerschaften rasch die Rahmenbedingungen schaffen konnten, ist die Aufbereitung für eine internationale Unternehmensgruppe mit allerhöchsten Ansprüchen natürlich eine Herausforderung. Das verändert das Leben eines Eigentümers.
Wolfgang Humml: Während Hannes und ich früher Investitionsentscheidungen zwischen Tür und Angel trafen, nehmen solche Prozesse nun etwas mehr Zeit in Anspruch, da die Geschäftsleitung in Schweden natürlich darüber informiert sein möchte und mitentscheidet. Zugleich sparen wir uns viel Zeit und Mühe, wenn gewisse Prozesse zentral abgewickelt und zur Verfügung gestellt werden. Wenn beispielsweise die EU-Whistleblowing-Richtlinie auch in Österreich in Kraft tritt, haben wir diese dank der Vorarbeit von Prototal schon umgesetzt.
Hannes Hämmerle: Noch mehr Expertise und bald schon weitere Werkstoffe und Technologien. Unsere Stärke sind die kleinen Kunststoffteile von Fingernagel- bis Handtellergröße. Gemeinsam mit den anderen Unternehmen der Gruppe können wir nun auch größere Teile auf dem kurzen Dienstweg anbieten und so Gesamtprojekte abwickeln – unter Wahrung der Geheimhaltung. Das schafft größere Chancen für unsere Kunden bei gleichbleibender Betreuung durch unsere 1zu1experten.
Gleichzeitig garantieren wir unseren Kunden als Teil einer internationalen Unternehmensgruppe absolute Liefersicherheit. Durch den gemeinsamen Einkauf minimiert sich in Krisenzeiten das logistische Risiko. Die Vorteile haben wir schon in den ersten Wochen erlebt, als wir einem Schwesterunternehmen bei Materialengpass rasch und unkompliziert aushelfen konnten.
Zuerst Pandemie und Klimawandel, jetzt Inflation und Ukraine-Krieg: Wie spürt 1zu1 die Auswirkungen?
Hannes Hämmerle: Wenn wir heute unseren Markt in der DACH-Region betrachten, ergeben sich Parallelen zum Vorjahr. Auf die Pandemie folgt mit dem Ukraine-Krieg die nächste Krise. Nach dem ersten Schock läuft das Geschäft zwar gut an, dennoch ist eine Steigerung unter diesen Umständen schwierig. Die Situation ist angespannt. Nach wie vorher verhält sich der Markt sehr zurückhaltend und Entscheidungen werden aufgeschoben.
Wolfgang Humml: Höchste Qualitätsansprüche, absolute Lieferzuverlässigkeit, langjährige persönliche Kundenbeziehungen, kurze Entscheidungswege und der Blick über den Tellerrand. All das verschafft unseren Kunden einen Vorsprung, ob bei der Produktentwicklung, bei der Markteinführung oder bei innovativen Sonderlösungen.
Hannes Hämmerle: Wir schöpfen das volle Potenzial des 3D-Drucks schon heute aus und begleiten unsere Kunden vom ersten Prototyp bis zu kleinen und mittleren Serien bis zu 50.000 Stück. Wir stehen für hohe Präzision, schnelle Lösungen und kompetente Beratung.
„Wir freuen uns, dass 1zu1 jetzt zu Prototal Industries gehört. Additive Manufacturing und Rapid Tooling von Spritzgießwerkzeugen sind ein stetig wachsender, innovativer Markt. Prototal hat seine Position durch mehrere Übernahme gefestigt und sein Angebot erweitert. 1zu1 bietet eine breite Palette von Technologien an, die unseren in Jönköping sehr ähnlich sind und die Kompetenz innerhalb der Gruppe stärken werden. 1zu1 ist seit 25 Jahren führend auf diesem Markt und passt hervorragend in unsere Markenfamilie. Davon werden alle unsere Kunden profitieren. Die Übernahme ist ein klares Signal, dass Prototal den Polymermarkt sowohl in der Region als auch weltweit aktiv weiterentwickeln will.“
Jan Löfving, CEO Prototal Industries
Wolfgang Humml: Die Fachkräfteausbildung ist wichtiger denn je. Da sich am freien Markt kaum Mitarbeiter finden, müssen wir selbst ausbilden und die Kompetenzen genau auf unsere Bedürfnisse abstimmen. Etwa die Hälfte der Lehrlinge bleibt uns für weitere fünf Jahre erhalten. Das ist schon viel und sehr wertvoll. Wir wollen jungen Menschen die Chance bieten, gut ins Arbeitsleben zu starten. Mit unserem Ausbildungsmodell können wir auch innerhalb der Gruppe ein Vorbild sein. Vielleicht werden unsere Lehrlinge künftig auch Zeit bei anderen Prototal-Unternehmen verbringen.
Hannes Hämmerle: Für unsere Mitarbeiter eröffnen sich Chancen. Die Arbeit wird durch den ständigen Austausch zwischen den Unternehmen der Gruppe internationaler. Natürlich steigen auch die Ansprüche an die Englischkenntnisse. Als familiär geführter, internationaler tätiger Betrieb werden wir als Arbeitgeber immer attraktiver.
Hannes Hämmerle: Wir verfügen weltweit als eines der wenigen Unternehmen unserer Branche bereits über das Know-how für die Produktentwicklung von funktionalen 3D-Druck-Elementen. Künftig werden bis zu tausendmal mehr Teile gedruckt werden, da sind sich alle Experten einig. Während viele Produktentwickler das Potenzial der Technologie für die spezifische 3D-Druck-Entwicklung noch nicht erkannt haben, können wir bei 1zu1 schon heute kleine und mittlere Serien realisieren. Der Markt wird wachsen, noch stehen wir am Anfang.
Wolfgang Humml: Je mehr Konstrukteure die Möglichkeiten des 3D-Drucks mitdenken und nicht nur gefräste, gedrehte, gegossene und geschweißte Teile im Kopf haben, desto schneller geht 3D-Druck in Serie. Das ist auch eine Generationenfrage. Wer jetzt eine HTL, Fachhochschule oder Technische Universität besucht, internalisiert den 3D-Druck als Produktionstechnik und wird sein Wissen später im Beruf anwenden. Technologisch sind wir schon sehr weit: Im Kunststoff-Bereich sind die Anlagen unter gewissen Bedingungen bereits genauso schnell wie Spritzguss.
Hannes Hämmerle: Trotz Kurzarbeit zu Jahresbeginn ist uns 2021 ein guter Start und Abschluss des Geschäftsjahres gelungen. Wir konnten zahlenmäßig einiges wieder aufholen, unseren Umsatz um 25 Prozent steigern, den Personalstand erhöhen und uns insgesamt auf Vorkrisenniveau stabilisieren. Wir blicken optimistisch in die Zukunft, wollen unseren Standort sichern, die Belegschaft erweitern und unsere Wachstumsstrategie durch den Eintritt in die neuen Märkte der Prototal-Gruppe forcieren. Für 2022 peilen wir eine Umsatzsteigerung von 10 Prozent an.
Wolfgang Humml: Der positive Trend erlebt durch die Integration ins Netzwerk von Prototal weiteren Auftrieb. Mit großen Investitionen in unseren topmodernen Maschinenpark und die Erweiterung unserer Räumlichkeiten haben wir in den vergangenen beiden Jahren die perfekte Basis geschaffen. Prototal übernimmt einen bestens aufgestellten Betrieb und wir verfügen in allen Bereichen über ausreichend Kapazitäten, um weiter zu wachsen.